Es gibt diese peinlichen Momente in jedem Leben, die man am
liebsten Ungeschehen machen würde. Von diesen Momenten handelt dieser Blog.
Manchmal dauern diese Momente auch Jahre
lang an und man fragt sich später, wenn man Fotos aus dieser Zeit sieht: Wer
war diese Irre??? Wie konnte das passieren?
Wenn ich zurückblicke besteht der Großteil meines Lebens aus
einer Aneinanderreihung dieser peinlichen Momente und je länger ich darüber
nachdenke, machen uns diese Momente zu dem was wir sind. Jeder sollte auf etwas zurück blicken können,
von dem er denkt: Das passiert mir auf Keinsten noch einmal!
Ich habe glaub ich noch nie über meine zweite Beziehung
geschrieben. Aus Scham vielleicht. Letztens saß ich mit Lola bei ner Pulle Wein
zusammen und wir analysierten noch einmal diese krasse Zeit, als sie sagte: „Wieso
schreibst du nicht mal darüber? Im Nachhinein ist das mega witzig!“ Ja. Im
Nachhinein.
Ich hatte gerade eine zweijährige Affäre mit einem Typen
hinter mir dessen Lieblingsspruch es war: „Ich kann dir nicht geben was du
brauchst“ aber sich dennoch nicht zu schade war mich alle 3 Wochen zum Essen
einzuladen, abzufüllen und mich danach nach allen Regeln der Kunst flachzulegen.
Als mein Nachbar mich eines Tages fragte, ob
ich nicht rüber kommen will. Ein Freund und er wären am Vortrinken und wollten
noch auf ne Uniparty. Ich lag eigentlich schon im Pölter und verschwitzt von
meinem Hanteltrainingmarathon (damit versuchte ich mich damals von der Affäre
abzulenken und nahm 15kg ab. Hatte also auch was Gutes im Nachhinein) auf dem
Sofa, doch ich dachte: Vielleicht ist das ja der Wink des Schicksals und der
ominöse Freund ist mein Mr. Right? Und so war es auch. Wir hatten den gleichen
kranken Humor und betranken uns gemeinsam bis ich von meinem Nachbarn nach
Hause getragen werden musste. Dumm nur: Der Typ, nennen wir ihn Psycho, hatte
eine Freundin, mit der er zusammen wohnte, aber mit der es ganz schlimm lief.
Er wollte sich eigentlich trennen... Die übliche Leiher.
Ich war nicht richtig verknallt, genoss nur die
Aufmerksamkeit, es kamen 3 Monate Semesterferien in denen ich was mit einem aus
dem Freundeskreis anfing und eigentlich nicht mehr an Mr. Psycho dachte. Hallo
der hatte ne Freundin? Und richtig heiß war er auch nicht.
Wieder zurück im
Unileben, trafen wir uns wieder. Er hatte sich angeblich getrennt und nach ein
paar Dates waren wir auf einmal zusammen. Im Nachhinein würde ich sagen, es war
aus Einsamkeit. Endlich wollte jemand mit mir zusammen sein und mich nicht nur
alle 3 Wochen zum Essen ausführen. Bei unserem ersten Date zeigte er mir stolz
seine Pärchenbude. Ich begutachtete das Ehebett und die niedliche
Kitsch-Hafen-Urlaubs-Deko mit Holzfischen im Bad und Ihre Parfümsammlung. „Keine
Sorge, sie ist nie da, und wir können leider beide nicht ausziehen, wegen Geld.
Ich kann mir eine Wohnung alleine nicht leisten.“
Aha. Die Eifersucht brodelte
in mir und die Sprüche meiner Freundinnen ala „Jeder der noch mit seiner Ex zusammenwohnt,
hat irgendwann mal wieder was miteinander, bei dem und dem war es auch so!“ ,
halfen da nicht viel weiter.
Aber ich wollte unbedingt festhalten an dieser
Beziehung und blendete die Kritik aus und entfernte mich innerlich unbewusst von
meinen Freunden, nach dem Motto: „Die sind doch bloß neidisch.“
Trotzdem loderte in mir der Hass, wenn Herr
Psycho nach Monaten immer noch nicht bei mir übernachten wollte, weil meine
Matratze angeblich zu hart war, sodass ich den grinsenden Fisch von der Wand
abriss und durch seine Pärchenbude schmiss (in der ich nie schlafen wollte,
weil alles nach der anderen Tussi roch) mit den Worten: „ Dann bleib doch bei
deiner Ex und werde glücklich mit all diesen häßlichen Fischpennern!“
Oh. So dramatisch kannte ich mich gar nicht. Irgendwie
Latinamäßig. Nie war er es, der sich am nächsten Tag entschuldigte. Ich war es
der die ganze Nacht vor seiner Haustür schlief, nachdem ich nach 1h
Sturmklingeln aufgab. Mit jedem Streit sank mein Selbstbewusstsein, mein
Freundeskreis schwand kopfschüttelnd dahin und meine Abhängigkeit zu ihm gewann
an Größe.
Es fing eigentlich schon nach
3 Monaten an krank zu werden. Ich ließ mich herab, ihn in seiner Pärchenbude zu
besuchen, da er eine wichtige Hausarbeit zu schreiben hatte und ich am nächsten
Tag für 3 Wochen nach Amerika fliegen sollte. Ich schluckte meine Eifersucht
herunter, aber als er mir mitteilte, dass er nicht mit mir auf dem Sofa
schlafen könnte (ich weigerte mich strikt in dem Ehebett zu pennen) , weil er
darauf nicht schlafen könnte, rastete ich aus und ging nach einer dramatischen
Szene wo der säuberlich neu aufgehängte Fischpenner wieder durch die Wohnung
flog. Natürlich entschuldigte ich mich am nächsten Tag reumütig und flog
versöhnt in die USA. In einem unserer täglichen 10 Minuten Telefonate,
eröffnete er mir, dass seine Ex wieder eingezogen sei und fragte auch noch ob
seine beste Freundin bei ihm übernachten dürfte. Wieder in Deutschland
angekommen unterstellte er mir, ich hätte in Amerika einer Affäre gehabt und
spielte tagelang den Beleidigten. Als ich mit meinen Mädels zum Oktoberfest
fuhr, machte er per Telefon mit mir Schluss, weil ich auf einem Facebookbild
meine Schleife links trug, wie die Singles. Das Big Boob mich verarscht hatte
und meinte: „Die lassen nur noch Mädels mit Schleife links ins Festzelt“,
glaubte er mir natürlich nicht. Irgenwann waren wir so weit, dass ich ihm
sämtliche Typen auflisten musste, mit denen ich mal was hatte. Achja mein
Facebookpasswort bräuchte er auch und das erste was er mit meinem alten Handy
machte, welches ich im großzügig schenkte, war, alle gelöschten SMS wieder
herzustellen und mich wegen irgendwelcher alten SMS an die ich mich
mittlerweile nicht mehr erinnerte zur Rede zu stellen. Ich hatte in der Zeit
mit dem Essensliebhaber sehr ausführlich Tagebuch geführt auf meinem Laptop. Er
machte mir weiß, er bräuchte das Passwort um mir Vertrauen zu können und so gab
ich es ihm. Im Streit schubste er mich so stark, dass ich hinfiel. Man sieht
die Narbe vom Aufprall immer noch an meinem Rücken. Sieht kacke aus. Ich konnte
2 Wochen lang nicht liegen, was ihn nicht davon abhielt mich jeden Tag zum Sex
aufzufordern. Wenn man sagte: „Dann platzt die Wunde am Rücken wieder auf,“ war
das ein erneutes Indiz dafür, dass man heimlich an jemandem andern hing und der
Terror ging von vorne los. Vor unserem ersten Pärchenurlaub machte er Schluss,
weil ich es gewagt hatte, mit meiner Freundesclique zu meinem
Lieblingsrestaurant in der Heimat zu gehen, und mein Exfreund, der mittlerweile
glücklich in einer anderen Beziehung war mit von der Partie war. 300 Euro Anzahlung
pro Person waren futsch. Als ich verzweifelt ins Telefon heulte: „Ich hab dich
doch vorher gefragt ob das okay für dich ist und du hast ja gesagt!!“ War die
Antwort: „Das war ein Test du Schlampe.“
Endlich kam ich zur Vernunft und dachte: Sei froh dass du den kranken
Idiot los bist, kaufte mir neue Klamotten und fuhr Partymachen zu Lola. An dem
Abend lernte ich Stefan kennen. Die Story dazu ist der Beginn dieses Blogs.
Damals fand ich ihn richtig dämlich, ha so ändern sich die Dinge. Zurück in der Studistadt entschuldigte sich
der Psycho reumütig und ich schmolz dahin. Ich erzählte ihm die Sache mit
Stefan und er verzieh mir gnädig. (Später stellte sich heraus, dass er in der
Zeit wo ich mit meiner Clique essen war, was mit seiner besten Freundin hatte.)
Wir machten einen Billig Urlaub in Frankreich als Entschädigung. Ich bezahlte
alles, er hatte gerade keine Kohle und wollte es mir später zurückzahlen (achja
er war auch noch spielsüchtig und zog mich mit in die Sucht). Nach dem Urlaub
eröffnete er mir feierlich: Das Geld (c.a. 600 Euro) bekommst du nicht wieder,
schließlich ist es deine Schuld, dass wir die Anzahlung verloren haben, hättest
halt nicht mit deinem Ex essen gehen sollen. Ich gab ihm insgeheim Recht.
Dann musste er vors Gericht. Er hatte 3 Monate keine Miete
mehr gezahlt und ich sollte aussagen, dass er in der Zeit bei mir gewohnt hat
und sein Ex-Schwiegervater ihn ja aus der Pärchenbude rausgeworfen hatte. Der Witz an der Sache war der, dass er ja auch
nach über einem Jahr nicht bei mir übernachten konnte, wegen der harten
Matratze und er also keineswegs bei mir gewohnt hat, sondern einfach nur schön
die Miete geprellt hat. Ich übte fleißig meine Falschaussage und wenn ich
vorsichtig anmerkte: „was wenn das auffliegt und ich dann nie Arzt werden kann
wegen Meineid?“ „ Das ist wieder so typisch für dich! Du denkst nur an dich“,
schrie er zähnefletschend und knallte die Tür. In meinem besten Streberanzug
erschien ich zittrig vor Gericht und musste zum Glück nicht aussagen, weil die
Parteien sich gütlich geeinigt hatten ( Das hieß Herr Psychoex musste die
ausstehende Miete bezahlen).
Als wir
abends feierlich auf seinen „Sieg“ anstießen, besaß er noch die Dreistigkeit zu
Sagen: „Hast du die Richterin gesehen? Die war vielleicht heiß!“. Das brachte
das Fass zum Überlaufen und ich machte einen dramatischen Abgang aus dem
Restaurant. Er lief mir nach und warf meine Einkaufstüten theatralisch durch
den Bus, weil ich ihn ignorierte, sodass mich schon andere Mitfahrer bestürzt
fragten: „Alles in Ordnung? Sollen wir Hilfe rufen?“ „Nö wieso? Das ist mein
Freund.“ Und schon war wieder alles gut.
Wie wird man so eine graue Maus die sich einreden lässt man
wär eine Schlampe? Ich habe Frauen nie verstanden, die von ihrem Mann geschlagen
werden und ihm immer wieder verzeihen. Ich kann es nicht beschreiben, man ist
einfach auf einmal drin in der Sache. Gefangen. Im Zwiespalt sich von der
krankmachenden Person zu trennen und endlich wieder machen zu können was man
will, aber dann alleine zu sein, als sich alle Freunde schon von einem
abgewandt zu haben scheinen. Was soll
man dann jeden Abend machen außer popeln?
Letztendlich geling mir der Absprung als mein Tourguide aus
dem Amerikaurlaub fragte, ob er mich an meinem Geburtstag besuchen dürfe, mit
Übernachtung natürlich, er sei gerade auf Deutschlandreise. Ich erzählte meinem
damaligen Freund ängstlich davon und sagte: „Du wärst doch auch die ganze Zeit
dabei und das ist wirklich nur ein Kumpel!“ Natürlich rastete er aus. Anstatt
wieder zu heulen und ihn um Vergebung für diese dämliche Bitte anzuflehen,
stand ich ganz ruhig auf und sagte fest: „Du gehst jetzt bitte. Es ist aus. Ich
kann das nicht mehr“ und setzte mich an meinen PC und spielte konzentriert
Chefville.
Psycho kam langsam und grinsend auf mich zu und knallte mir mit der
flachen Hand ins Gesicht. Ich fing an zu Weinen vor Schrecken und nahm einen
Stuhl und scheuchte ihn damit aus der Wohnung.
Danach war ich ganz klar. Keine
Trauer darüber, dass es jetzt vorbei ist, sondern eine ungeheime Erleichterung,
etwas so Schweres los geworden zu sein. Er versuchte es noch mit Anrufen und
Nachrichten mich umzustimmen. Ich hatte den tollsten Geburtstag mit dem
Tourguide der mir und meinen Freunden mit der Gitarre ein Lifekonzert gab. Und
er war wirklich nur ein Kumpel. Meine Liebsten waren gekommen und die Zeit als
Furie war vergessen. Sie waren froh und verziehen mir meine Wutausbrüche, wenn
es jemand gewagt hatte meine Beziehung zu kritisieren. Und langsam kam die
Erkenntnis: Ich bin gar nicht so kacke wie er immer gesagt hat. Und eine
Schlampe war ich auch nicht. Ich habe ihn in der schlimmen Zeit nie betrogen,
außer das mit Stefan, aber da waren wir getrennt und ich wollte mich dadurch
innerlich von ihm lösen. Und alleine war ich erst recht nicht!
Und so wurde ich zum selbstironischen Freak der ich jetzt
bin. Wenn mir jetzt ein Typ blöd kommt, verstecke ich mich nicht in Selbstmitleid
und versuche zu gefallen. Meißtens
jedenfalls. Vielleicht bin ich auch deshalb so lange Single, weil ich
Angst habe wieder in sowas gefangen zu sein. Ich mache mich viel lieber über
die Typen in meinem Blog lustig und liege Sonntags alleine im Bett. Und von nun
an schlägt mich ein Typ nur noch, wenn ich ihn ausdrücklich und nackt vor ihm
liegend darum bitte.
Okay so witzig war die Story jetzt nicht. Aber vielleicht
kann die ein oder andere was daraus lernen. Außerdem lag sie mir schon lange auf dem
Herzen. Musste beim Schreiben eine Pulle Wein runterkippen und 10 Ziggies
wegatment.
Ich bin keine Bloggerin die über Ihre Psychoprobleme
schreiben will um Mitleid zu erregen. Ich finds wieder nur selbstironisch, dass
mir so etwas passiert ist, wo doch immer alle denken ich sei so taff und
selbstbewusst. Aber letztendlich bin ich nur so geworden, weil ich weiß wie es
anders ist. Und deshalb bereue ich nichts. Vielmehr bin ich froh über all die
Freunde die mir erhalten geblieben sind auch wenn ich gesagt habe: Ich kann
nicht mit zum Oktoberfest, Psychos Oma ist gestorben, wir müssen zur
Beerdigung, obwohl er es mir einfach nur verboten hat – Ihr seid die Größten!
Ich liebe euch ihr kleinen Racker. Und die vielen Anekdoten ala „Wisst ihr noch
als Anna mit dem Idioten zusammen war und das und das gemacht hat!?Muhahaha“ ,
nehme ich gerne in Kauf und lache lauthals mit.