Ich bin ein Junkie.

„Lola und du haben das Suchtgen in euch. Ihr habt 3 Alkoholiker und 1 Heroinabhängige in der näheren Verwandtschaft, ihr braucht das Suchtmittel nur angucken und seid süchtig. Obacht!“ , sagte letztens eine befreundete Therapeutin zu mir. Oha.

 Deshalb komm ich nicht von den Kippen los und deshalb überlebt eine Weinpulle in meinem Kühlschrank maximal 24 Stunden.

 Aber warum sich diese vermeintlich negative Disposition nicht zum Vorteil machen?

 Also ging ich nach jahrelanger Abstinenz mal wieder ins Fitnessstudio, schaute mir intensivst den Crosstrainer und die Hanteln an und wartete darauf abhängig zu werden. Und es hat funktioniert! Diese Woche war ich 6 von 7 Tagen trainieren.  Wurde aber auch mal Zeit. 

Schwangerschaftstest 3 mal negativ: Es ist einfach nur dick.

Vorher stand ich in Lolas Zimmer,mit hochgekrempelten T-Shirt, vor dem Spiegel und fragte sie:

 „Sag mal ehrlich. So dick bin ich doch gar nicht oder?“ 

Natürlich erwartet man dann ein „Nee überhaupt nicht. Dein Bauch ist flach wie ein Brett.“ – aber Lola hat wie ich das „Ehrlichkeitsgen“ und sagte: „Erstens ziehst du gerade mega den Bauch ein und zweitens hattest du schon mal bessere Zeiten Schwabbelklops. Mach mal was.“

  

Als erstes brauchte ich neue heiße Sportklamotten als Anreiz. Also los in das Sportgeschäft und massenhaft Klamotten in die Umkleide mit genommen. Nach 5 Minuten war klar: Ich brauche alles.

 In meinem Hinterkopf meldete sich noch eine kleine Stimme: „Wolltest du nicht für den „Alter-Ich-Bin-Jetzt-Arzt-Urlaub“ im November sparen?“ 

"Ich brauche aber dringend 4 Sporthosen in allen Neonfarben die die Farbpalette zu bieten hat, 3 Shirts, einen Pushup-Sport-BH, 10 Paar Neon-Socken und eine passende Trinkflasche in neon-gelb!“

 Und Zack war mein Konto um 265 Euro leichter. 

Aufgestylt wie die Tussis im Call on me Video betrat ich das MC Fit. Der erste Eindruck ist entscheidend: Bauch einziehen, die rudimentären Muskeln anspannen, Lächeln und den Catwalk entlanglaufen! – dachte ich noch und verhädderte mich übelst mit meiner Jumbosporttasche im Drehkreuz. Super Auftritt Anna. Fehlte nur noch, dass du hinknallst und deine neonpinke Sporthose in der Kimme aufreißt. Immerhin hätte ich dann noch drei Buchsen in Reserve. 

Hochmotiviert kletterte ich auf dieses Treppenstufenausdauerteil, denn darauf  trainierten lauter Mädels mit meinem Traumkörper. Ich muss mindestens 1 Stunde aushalten. Schaff ich locker!

 Nach 5 Minuten: Alter ist das anstrengend und kacke, also wenn ich 20 Minuten aushalte ist das auch schon gut. Nicht gleich übertreiben… oder 15. 

Bei stupiden Tätigkeiten hilft gute Mucke auf den Ohren, am besten mit bewegungssynchronem Rhythmus und Motivationsmantras wie „Ich kann, weil ich will, was ich muss! Denk an den geilen Body, den du dir hier hart erarbeitest. Schau dir die andern Mädels an – so willst du auch aussehen!.. Hunger.“

 Auf diesem Treppenstufenteil hat man den kompletten Überblick über das ganze Studio und kann unauffällig die Männer abchecken. Leider sehe ich beim Training aus wie eine neongelbe Leberwurst mit glänzend rotem Schweißgesicht, also kann ich mir etwaige Flirts abschminken. Aber man kann sich ja mal umsehen. Und siehe da, es setzte sich ein durchtrainierter Herkules direkt vor mich und trainierte seine voluminösen Waden. Während ich meinen Fantasien freien Lauf lies, schielte ich nochmal auf die digitale Zeitanzeige: Krass schon 31 Minuten! Wo ist denn die Zeit geblieben? Das reicht jetzt aber. Hach nur noch so lange der Wadenmann da trainiert, dann hör ich auf. – Ihr seht: Man muss seinen inneren Schweinehund immer wieder überlisten und Anreize schaffen, aber wenn man das mal raus hat steht dem Traumbody nichts mehr im Wege.

Mittlerweile habe ich mich dabei erwischt, als mich letztens ein Kumpel über sein interessantes Studium volltextete und ich währenddessen die ganze Zeit dachte: „Juhuu morgen wieder ins Fitti, hoffentlich ist Wadenmann auch da… Was kann ich denn morgen mal machen? Bauchpresse? Dieses Arschtrainiergerät? Squads?“ Der Plan ging also auf: Ich bin sportsüchtig Leude. 

Nicht zu verwechseln mit Magersucht. Ich esse immer noch wie ein Scheunendrescher, worauf ich Bock hab. (O-Ton Kitty: „Wenn ich täglich so viel essen würde wie du, dann würde ich aussehen wie… wie…“ „Wie ich?“ „Ja.“) 

Es geht mir auch nicht nur ums Gewichtverlieren, sondern vielmehr um das Gefühl, etwas geschafft zu haben, was man sich vorgenommen hat.  Wenn man will, kann man so einiges schaffen:

 Ich kann, weil ich will, was ich muss. Es lebe das Junkie-Gen.

Hier noch ein paar Tipps zur Selbsmotivation für euch:

1. Der richtige Soundtrack ist alles, und beim Sport darfs ruhig mal was sein, was man sonst nicht mit der otologischen Kneifzange anpacken würde. 

     Tipp:  „Welcome to the Club Discotronic“ von Manian.

2. Vorbilder. Hängt euch durchtrainierte Jauste aus den Fitnessmagazinen neben den Spiegel.

 

  

3. Erfolge vor Augen führen: Fitnesstagebuch. Tägliches Wiegen ist aber Quatsch. 

    Das  Körpergefühl ist das was zählt und nicht die bloßen Zahlen. 

4. Tut Gutes und spricht drüber. Eure Freunde sind vielleicht davon genervt, aber eure Selbstmotivation wächst.

5. Seid nicht so streng. Lieber öfter kleine Trainingseinheiten, als selten übertriebenes Muskelkater Gepumpe. 

6. Neue Klamotten motvieren! Es müssen aber nicht gleich 4 neue Sporthosen sein.

So ich hoffe ihr seid jetzt genug genervt, denn mein Motivationspunkt 4 ist mit diesem Post für heute ausgereizt. Stay fit!