Man ist so alt wie man sich fühlt.

So, komme gerade vom Urlaub-mit-Mama aus Fuerteventura wieder zurück und ich muss sagen so Reisen bringen mir anscheinend jede Menge Input für neue Blogposts.  Vielleicht kann ich die irgendwann mal als Geschäftsreisen absetzen? Wie cool wäre es.

Erst hielt sich meine Begeisterung in Grenzen mit Mama innen Urlaub zu fahren.

 „Hast du denn überhaupt Bock auf Urlaub mit Mama?“, fragte Lola mich an meinem Geburtstag am Telefon, als ich ihr von Mamas Geschenk erzählte.

 „Du ich hab hab dich auf Lautsprecher und Mama steht neben mir… Klar freue ich mich. Total. Heyyyy.“ 

Als ich dann auch noch merkte, das Mama nachts schnarcht wie ein Rasenmäher, stellte sich mir die Frage: Entweder eine Woche mit Ohropax schlafen, dabei merkte ich aber schnell, dass ich mir dann einbilde keine Luft mehr zu bekommen, wenn ich die Dinger inne Ohren hab (was rein anatomisch völliger Kokolores ist) oder aber sich jeden Tag an der All-Inclusive Bar so abzulatten, dass man Nachts ins Alkohol-Koma fällt. Ich entschied mich für letzteres. 

Am meisten gingen mir die kommunikativen 8er-Tische auf den Sack, besonders morgens, wenn ich auf Kaffee und Nikotinentzug, einfach nur meine Ruhe haben, und mir nicht die Reisegewohnheiten irgendwelcher Frührentner anhören will . Oder die Höchstrafe: Junge Familie mit plärrenden Blagen setzt sich dazu und beschwert sich, dass ich rauche – was denken die sich?

Deshalb setzten wir uns immer an leere Tische und guckten abweisend, in der Hoffnung, dass sich niemand dazu setzt.
 Am zweiten Abend ging der Plan dann aber nicht auf, und ein rheinländisches , trinkfestes Paar um die 60 setzte sich dazu.  Nach 2 Pullen Tischwein, hatte ich eine Verabredung zum Tennis am nächsten Tag und jede Menge neuer Smalltalkskills dazu gewonnen.

Das Wetter war übrigens scheiße. 15 Grad Celsius in der Prallsonne und jetzt weiß ich auch warum die Insel übersetzt: "Starker Wind" heißt. Einziges Langes Teil im Koffer:  Schlafanzug. Auf der Gästeverhaltensregelliste stand einladend: Abends ist eine sportlich elegante Kleidung  erwünscht und ich überlegte kurz ob Pölterbuchse, kombiniert mit einer adretten Streber-Bluse, wohl noch unter sportlich-elegant fällt, Mama meinte aber, das wäre unpassend. 

Also konnte man außer Twittern, Mittagsschlaf und Barmarathon nicht viel machen. Nix mit Pool oder Meer.

Deshalb schleppte ich Mama in die Hoteldisse und gleich waren wir von einer Horde männlicher, untersetzter Mitt-Fuffziger umringt.

 „Ich bin 54, ist das zu alt für dich?“ 

„Nö, aber dein Ehering an deiner Hand, irritiert mich etwas.“

 „Jeder verheiratete Mann geht fremd. Du lebst in einer Traumwelt, wenn du was anderes erwartest.“ 

„Wenn du meinst - wie lang bleibst du denn noch hier? (Hoffentlich nur bis Morgen)“ 

„ Wie lang müsste ich denn bleiben, damit du was mit mir anfängst?“

 „Das könntest du dir nicht leisten, Babe.“

 Ich tanzte dann noch einen notgedrungenen Discofox mit dem Knacker, bei dem ich mir Mühe gab, ihm möglichst oft auf die Füße zu latschen und drängte Mama dann zum Aufbruch.

Wir hatten ziemlich viel gepichelt und als wir dann schwer atmend neben einander in der Koje lagen, sagte ich gönnerhaft zu Mama: 

„Du es muss dir übrigens nicht peinlich sein, wenn du brechen musst. Mir ist auch etwas übel“

 5 Minuten später erklangen theatralische Würgelaute aus dem Bad. Aber es war nicht Mama. Ups.

Die Connection zum Tennispaar erwies sich als Gold wert. Nun hatten wir immer einen lustigen Tisch und die Gespräche gingen vom Smalltalk zum philosophischen Deeptalk bis hin zum allgemeinen Witzereißen über.

Am vorletzten Abend, entschied ich mich: Duschen wird überbewertet und lief mit vom Mittagsschlaf verstrubbelten Haaren, aber in sportlich eleganter Kleidung,  beim Essen auf. 
Vom Weiten erspähte ich die beiden und setzte mich zielstrebig an ihren Tisch. Oh nein: Ein gutaussehender Surfertyp, mit blonden Locken, saß auch dabei. Na toll, jetzt haben wir den ganzen Abend, einen Animateur oder Tennislehrer dabei hocken und können uns nicht mehr unbeschwert über Drogenschmuggel in Kolumbien austauschen (Eddi hat nämlich einen coolen Job bei der Bundeswehr und immer spannende Stories auf Lager). 
Kurz angebunden antwortete ich auf die interessierten Fragen des Surfers, mampfte einen Jumboburger und strich mir überall ne Tonne Mojo Verde drüber. 
(Hinweis von Eddie: Das Mojo verde kann ich nicht empfehlen, davon haste tagelang später noch ne Knoblauchfahne.)   
Dann fragte der Surfer mich, ob ich Katamaran fahren kann und Lust hab mit ihm zu fahren. 
„Nee.“

 „Schade ich brauch noch 90kg als Gegengewicht, aber dann muss ich wohl einen Sandsack mitnehmen.“

 Irgendwann zog der Surfer dann ab zur Bar. Sofort meinte Greta zu mir: „Wieso hast du den ganzen Abend nicht soviel geredet wie sonst? Der stand offentsichtlich auf dich und ist hier ganz Alleine heute angereist für die Sportwoche ab Montag.“ 

„ Oh, ich dachte, der wär Tennislehrer und ganz ehrlich, der ist doch bestimmt schon 40 oder so.“ 

„Nee ich schätze den auf Mitte 30. Komm wir fragen den, ob der morgen mit uns ein mixed Doppel spielen und ob der morgen Mittag mit uns im Strandrestaurant essen will.“ 
Vom Tischwein beflügelt, willigte ich ein und so fädelte Greta alles ein. 

Nach und nach entfernten die anderen sich dann von der Bar, sodass ich mit dem Surfertyp alleine da stand, mir einen Aperol Spritz nach dem anderen reinpfiff und ihn mit meiner Mojo-Fahne volllaberte.

  „Hast du hier schon Leute kennengelernt?“

 „Nur so alte Männer Mitte 50 in der Disco, die mich angegraben haben. Widerlich sowas! Wie alt bist du eigentlich?“

 „47.“

 „Oh. Dachte 35. Hehe, hast dich aber gut gehalten.“

 Okay, er war also 20 Jahre älter als ich. Na klasse.
 „Bist du verheiratet?“

 „Nein, aber ich komme aus einer langen, kinderlosen Beziehung. Und du?“

„Ich hab auch ne Beziehung hinter mir, mit einem ziemlich einengendem, cholerischen, chronisch eifersüchtigem Arschloch und seit dem genieße ich seit 2 Jahren eher meinen Freiraum.“
 (Erstes Anzeichen, für zu viel Promille: Erzähle die Story von meinem Ex, wildfremden Leuten.) 

Später torkelten wir 2 noch zur Disco, nur um festzustellen, dass die Samstags geschlossen ist. 

Am nächsten Tag im Strandrestaurant, betonte er mehrmals, wie witzig es mit mir war, besonders als wir am Ende noch in der Bodega gelandet sind.
 „Was war denn in der Bodega? Weiß da gar nix mehr von?“

 „ Ach Anna, zuerst, hast du dich die ganze Zeit beschwert, dass ich dich mit einem Sandsack verglichen habe und dann hast du auf einmal nur noch auf schwäbisch geredet und dich über die Leute im pinken Pulli am Nachbartisch lustig gemacht. Ich wollte schon sagen, dass du mal leiser reden sollst, aber dann war es einfach zu witzig!“ Ups.

 Aus dem vereinbarten Tennisdoppel, wurde dann komischer Weise ein Einzelmatch zwischen mir und dem Surfer, denn Greta und Eddie täuschten einen Schwächeanfall vor. War aber lustig und trotz 6:2 6:0 Niederlage, war es relativ ausgeglichen.

Danach jölkten wir noch jeder 2 Bier an der Bar und rätselten beim Poolratespaß mit. „Was kann man denn da gewinnen?“ „Nen Schlüsselanhänger mit dem Hotellogo.“ „Wow.“

Vorm Abendessen war dann so ein Glücksrad aufgebaut, als Promo für die Surfschule. Der Surfer wollte dann unbedingt daran drehen um einen Schlüsselanhänger für mich zu gewinnen. „Glückwunsch: Du hast den Hauptgewinn! Ein Stunde Katamaran gratis!“ 

„Och den wollte ich gar nicht, ich wollte doch den Anhänger für Anna, aber na gut.“ 

„Dann füll schon mal deinen Sandsack, oder du musst Eddie mitnehmen.“

Später an der Bar, nahmen wir uns zur Aufgabe, alle 10 Cocktails durchzuprobieren (Was  mir dann später wieder die Begegnung mit dem Klodeckel einbrachte).

 „Kommst du denn damit klar, dass ich so alt bin?“

 „Man ist so alt wie man sich fühlt“, antwortete ich und prostete ihm zu. Meinte der jetzt als Kumpel oder steckte da mehr dahinter?

Später landeten wir in der Disco, jölkten noch ein paar Drinks und als ich mich schon an der Theke, festhalten musste, brachte er mich bis zum Zimmer. 

„Schade, dass du morgen abreist. War lustig mit dir. Und es sind nicht alle Männer Arschlöcher.“ Dann küsste er mich.
 Oh. 
Die Zahl 47 drehte sich in meiner Birne. Schnell verabschieden und auf zu meinem Klohschüsselhomie.

 Am nächsten Morgen brachten uns Eddie, Greta und der Surfer noch zum Tuibus, versprachen uns in Kontakt zu bleiben und ab ging es nach Hause. War also doch noch ein lustiger Urlaub, trotz blödem Wetter. Wenn man die richtigen Leute kennenlernt, das Alter mal außen vor lässt,  kann es überall schön werden.






5 Kommentare:

  1. Wäre ich bin einverstanden. Deine UIrlaubstories sind ja doch schon recht interessant und bringen einen zum grinsen. ;)

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  2. Das konnte ich mir jetzt echt gut vorstellen, so müssen Geschichten sein! Vielleicht solltest du mal darüber nachdenken, ein Buch über Urlaubserlebnisse zu schreiben, ich würd's lesen!

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  3. Endlich wieder derber Lesestoff! :-P
    Ich musste allerdings die "Pölterbuchse" googlen. Dein Blog war eine von 3 Ergebnissen. Sagenhaft. ^^

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    1. Oh sorry, denke immer das wäre allgemein geläufig.
      Also: Pölter oder auch liebevoll Pöltermann genannt = westfälisch für Schlafanzug/Pyjama
      Buchse = westfälisch für Hose ;)

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  4. Ich stimme dem Titel des Posts voll und ganz zu! Das Alter ist auch NUR eine Zahl und sagt gar nichts aus.

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Na was sachste dazu, Babe?