Zurück in die Kindheit.

Als ich noch in der Schweiz war und vom Käserand im Mund lebte, dachte ich noch es wäre eine pfiffige Idee für die 100 Tage Examensvorbereitung bei meinen Alten einzuchecken.

Essen umsonst, keine Sorgen ums Einkaufen und putzen und keine Ablenkung durch feierwütige Semsterferienhaber. Leider habe ich die Rechnung ohne meinen lieben Vatter Udo gemacht, der gerade seinen Jahresurlaub im Garten abhält. 

Wenn ich früh morgens um halb 11 auf der hauseigenen Terrasse, den Laptop hochfahre, mir meine Morgenzigarette anstecke und Kaffee trinkend, den Blick über die Therapiemöglichkeiten des Diabetes mellitus Typ I schweifen lasse, geht es auch schon los: 

„Willst du nicht mal was lernen?“ lässt Udo beiläufig fallen, während er hektisch die runtergefallenen Blätter um mich herum aufklaubt.

 „Ich lerne bereits. Das geht heute alles übers Internet, man braucht gar keine Bücher mehr“, antworte ich und versuche mich wieder aufs hypoglykämische Koma zu konzentrieren.

 „Als ich damals fürs Examen gelernt habe, bin ich ja immer um 6 aufgestanden und habe von morgens bis abends gelernt. Sogar auf dem Scheißhaus hab ich mir noch die Fragen reingezogen“, kommt da wieder ein Seitenhieb von Paps, während er mit dem Handmäher den Rasen malträtiert.

 „Ja wie cool du warst. Lass mich doch jetzt mal hier machen.“  

 So geht das die ganze Zeit, zwischenzeitlich leert er noch meinen Aschenbecher aus, nicht ohne kritisch zu kommentieren: „Schon 5 Zigaretten heute. Man man man - denk an die COPDler mit den Sauerstoffgeräten“, dabei macht er den typischen Habitus eines Lungenkrebspatienten nach und röchelt mir ins Ohr. 

Endlich: Er geht rein. Fieberhaft kreuze ich mich durch die Fragen über das Insulin Basis Bolus Schema, als er wieder zur Tür raus kommt:

 „Wieso hast du in deinem Zimmer alle Schubladen aufgerissen?“ 

„Hab Unterwäsche gesucht.“ 

„Und wieso hast du die danach nicht wieder zu gemacht?“ 

„Kein Bock.“

Wenn man sich als Studentin, Ende 20 und single, wieder temporär bei seinen Eltern einnistet, muss man sich im Klaren darüber sein, dass jegliche Privatsphäre auf der Strecke bleibt. 

Udo dachte zum Beispiel es wäre sehr zuvorkommend, wenn er meine Reisetaschen, die ich eine Woche nach der Schweiz immer noch nicht ausgepackt hatte, für mich ausräumt. 
Inklusive meiner Jumbopackung Kondome, die er nach Farben sortiert, in meinem Nachtschrank verstaut hat. Yeah.

wie cool ist bitte der Karl Lagerfeld Bär?

 Liebenswerter Weise hat er meine alten Stofftiere vom Dachboden geholt und sie als Begrüßungskomitee um mein Bett drapiert. Ich glaube, das hat er mit Absicht gemacht, damit ich jar keinen männlichen Besuch empfange.


Wenigstens lädt er mich jeden Mittag zu unserem Stammgriechen ein („Mit den Schuhen nehm ich dich nicht mit! Zieh dir bitte andere an!! Als Arzt musst du echt mal an deiner Garderobe arbeiten“). 
Der Grieche wo man immer vorweg und zum Abschied nen Ouzo für lau bekommt, welchen ich stets dankend annehme. 

„Kein Ouzo für Anna, die muss noch lernen“, blafft Udo den Kellner Nektarios an, während er sein Pils runterkippt. 

„Hey Anna, lange nicht gesehen!! Hast du heute Lust nach meiner Schicht noch ein Bier nebenan trinken zu gehen?“ fragt Nektarios und stellt mir meinen       Ouzo vor die Nase.

 „Jau mega gerne – mir fällt die Decke auf den Kopf.“

 Während ich das sage, nimmt Papa meinen Ouzo, ext ihn demonstrativ und antwortet: 
„Nix da, Anna muss lernen, trink dein Bier mal schön alleine“.  

Ich könnt echt kotzen. Wird Zeit die Biege zu machen. Väterliche Fürsorge hin oder her, aber das halte ich keine 3 Monate aus. Deshalb ziehe ich nächste Woche in die WG meiner Schwester- da wurde gerade ein Zimmer frei. Bis dahin muss ich Paps noch irgendwie verklickern, dass ich keine 13 mehr bin. Habe schon überlegt meine alten Ralph Lauren Polos, Segelschühchen und Perlenohrringe anzulegen um seriöser zu wirken. Vielleicht ernte ich ja so etwas mehr Respekt.


5 Kommentare:

  1. haha ;d Das mit den Plüschtieren hat er echt gemacht?! ZU GEIL Xd

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  2. Oh Gott da kricht man ja Pipi in die Augen, wenn man die Tiere sieht (so lange es nicht die eigenen Eltern machen :D )
    Und jetzt: zieh' bitte die Adiletten aufer Terrasse an!

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  3. Sag doch mal wie viele Stunden du zur Zeit so lernst fürs Hex?

    (Jeden Mittag zum Essen eingeladen werden ist doch nicht schlecht :-)

    Gruß Lotte

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    1. oh ich bin da glaub ich kein gutes Vorbild: zu Zeit nur so 4-5 Stunden am Tag mit Amboss

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Na was sachste dazu, Babe?