Kauf dir`n Typ Date #2 Bericht

Auf Phase 2 meines Experimentes hatte ich erstmal überhaupt keinen Bock. Wieder bei Null anfangen bei der Konversation, die Aufregung vorher, ob der wirklich so aussieht wie auf den Fotos und die Frage: wo gehen wir hin?
Deshalb hab ich mir vorher gepflegt zu Hause schon mal 3 Gläser Wein alleine reingezogen, der Einfachheit halber das gleiche Outfit wie an Tag 1 (schwarzer Rock, Schwarzes Oberteil und lässige Lederjacke) vom Kleiderhaufen aufgelesen und mich dann auf dem letzten Drücker auf den Weg gemacht. Im Bus zum Date habe ich dann noch meinen Kumpelnachbarn Ralph Lauren getroffen, der mein Rockerbraut-Outfit musternd meinte: „Gehst du feiern?“ „Liest du nicht meinen Blog? Hab heute Onlinedate.“ „Du ziehst es jetzt auch so richtig durch ^^“.
Am Bahnhof angekommen, sah ich schon von weitem einen verträumt den Zugfahrplan studierenden Wuschelkopf rummlungern. Augen zu und durch. Er war merklich aufgeregt und hat gleich angefangen wie ein Wasserfall zu quasseln. Ferngesteuert durch meine Vortrinksession, lief ich mit ihm in Richtung Neustadt und suchte eine hippe Studentenkneipe auf - Ohren erstmal auf Durchzug gestellt und an den passenden Stellen anerkennende Geräusche oder Kicherer abgegeben.
Er berichtete, dass er Riesenhunger habe und bestellte sich ein Panini. Ich hatte nur kleinen Hunger und bestellte eine große Portion Pasta. Also wenn ich Riesenhunger habe bestelle ich mir was anderes als ne warme italienische Stulle, aber okaaay - hab ich mir nur gedacht. Als das Essen kam: „ Oh ich dachte Panini sei was mit Nudeln.“
Außerdem war er noch schwerhörig, so dass ich – wenn ich mal zu Wort kam – alle Gags dreimal bringen musste, damit er sie verstanden hat. Um die Situation zu retten schlug ich einen Locationwechsel in eine etwas leerere Bar mit dezenterer Geräuschkulisse vor. Dort bestellte er zu meiner großen Freude 2 Long Islands und mit jedem Schluck lockerte er etwas auf und war dann eigentlich doch nicht ganz so freakig wie ich erst dachte und irgendwie auch ein bisschen süß. Auf einmal fiel ihm ein, dass sein letzter Bus schon weg ist. „Ach nein wie ärgerlich. Kannst bei mir auf dem Sofa pennen, aber mehr ist nicht drin.“ Also fuhren wir zu mir: Blitzschnell wurde noch die dreckige Unterhosenparade aus dem Bad entfernt, die Essensreste in der Mülltonne versenkt und ab gings in die Heija.
Hab mir gleich meinen Liebestöter-Pölter übergeworfen und mich danach sofort mit täuschend echt wirkenden Schnarchgeräuschen schlafend gestellt , damit ja keine falschen Hoffnungen aufkeimen. Heute Morgen um 6 bereute ich meine Gastfreundschaft vom Vorabend leicht, denn auch unchristliche Uhrzeiten halten ihn anscheinend nicht davon ab, höchstinteressante Monologe zu führen. Aber ich weiß mir natürlich in jeder Notsituation zu helfen, drehte das Frühstücksfernsehen unauffällig lauter und genoss meine 2 Tassen Kaffee und Morgenzigarette.
Fazit: Onlinedates sind wie ein Überraschungsei. Man weiß nie was man kriegt. Ist auf jeden Fall mal was anderes, und am besten funktioniert es, wenn man vorher keinerlei Erwartungen hat. Außerdem trainiert es die Smalltalkfähigkeiten, was auch für den Berufsalltag nicht schaden kann.
Gefunkt hat es bei beiden Exemplaren (noch?) nicht, aber das war erstens auch nicht meine Intention und zweitens waren beide trotzdem auf ihre Art und Weise unterhaltsam. Kleiner Tipp: Vorher nicht schon monatelang hin und her schreiben, sonst hat man sich im Reallife nichts mehr zu erzählen ( es sei denn man hat ne Quasselstrippe am Start) oder man macht sich eine utopische Traumvorstellung vom Anderen. Als nächstes werde ich vielleicht Speeddating ausprobieren. Hihi.

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Na was sachste dazu, Babe?